Monday 11 November 2013

Varoufakis on Valve: Hire and Fire

Yanis Varoufakis, ein griechischer Wirtschaftswissenschaftler, hat vor einiger Zeit mit econtalk gesprochen - es ging vor allem um seine Arbeit mit Valve.
Im zweiten Anlauf, euch zu erzählen, was ich gehört habe, verwerfe ich die Idee, ein blow-by-blow zu schreiben und sortiere meine Gedanken lieber thematisch in mehrere Artikel.
In diesem ersten dreht es sich um Anstellungsverhältnisse und Vergütung, in einem weiteren wird es um die managerlose Organisation gehen.

Den ganzen Podcast (60+ Minuten) gibt es hier.

Hire and Fire

Das erste Thema nach der Vorstellung aller Akteure war der Anstellungsprozess und das Gehalt. Wie stellt ein anarchosyndikalistischer Laden ohne willige Manager neue Leute ein?

Anstellungen, erzählt Varoufakis, finden statt, wenn Mitarbeiter in einem Projekt Bedarf nach einer Fähigkeit haben, aber niemanden in der Firma finden, der mit ihnen zusammenarbeiten will.
Sie treffen sich mit interessanten Leuten, das ganze dauert durchaus einen Tag pro Person - und währenddessen diskutiert und entscheidet die ganze Firma online mit, so dass jeder Einfluss auf die Entscheidung nehmen kann.

Das Gehalt entsteht genauso: Das Gehalt, dass man bei der Einstellung vereinbart, sei nur ein kleiner Teil, sagt er - viel entscheidender der Bonus, der ohne feste Obergrenze von den Mitarbeitern untereinander in einem "complicated peer review process" festgelegt wird. Weit später fügt er noch ein interessantes Detail hinzu: Bei der Bonus-Bestimmung darf niemand für sich selbst stimmen:

"Das ist das einzig Gute, was uns der Eurovision Song Contest gelehrt hat."

Das Resultat ist, dass jeder bekommt, was die anderen für fair erachten - und das ist in Ordnung, denn die Mitarbeiter respektieren sich untereinander

5-6fache des Grundgehalts sei nicht unerhört, sagt Varoufakis dazu, und später merkt er an, dass aus seiner Sicht die Einkommensverteilung beinahe sozialistisch sei - er meint, dass niemand nur aufgrund seiner Position bezahlt werde, sondern das Geld vom Verdienst abhängt. 

Und was, wenn jemand gehen soll?

Varoufakis konzentriert sich in seiner Antwort auf den Umstand, dass Kollegen nicht mit der führerlosen Umgebung klarkommen - und das kommt wohl immer wieder vor.
Dann folgt eine Reihe von Gesprächen, mit dem Ziel, eine Übereinkunft zu finden - mein Verständnis war, dass sich Valve dabei bemüht, den Mitarbeiter zu behalten, aber das hat er so klar nicht gesagt.
Wenn sonst keine andere Option bleibt, will man wenigstens Freunde bleiben und schnürt ein attraktives Abfindungspaket.

Und ungenügende Leistung, gar Drückebergertum? Erlaubt die Organisation, dass ich mich verstecke und zum Beispiel in keinem der Teams richtig mitmache?
Nein, sagt er, das kommt nicht vor. Wer durch das System fällt, fällt auf.

Allerdings sei das selten ein Problem, denn jeder Mitarbeiter sei "hand-picked to be an asset."
Das find ich toll - bist Du das auch, ein "asset" für Deine Firma? Was braucht es, um das zu sein?

Überrascht Dich irgendetwas von dem, was er erzählt? Was, und warum?
Was kann Deine Firma daraus lernen und für sich adaptieren?

Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Hiring, two at a time

Lately, I've been thinking about good ways to find the right people to work with.
In other words, how to conduct job interviews so you get just the people you want.

In a timeless piece of advice, Dee Hock of Visa put it this way:

"Hire and promote first on the basis of integrity; second, motivation; third, capacity; fourth, understanding; fifth, knowledge; and last and least, experience.
“Without integrity, motivation is dangerous; without motivation, capacity is impotent; without capacity, understanding is limited; without understanding, knowledge is meaningless; without knowledge, experience is blind. Experience is easy to provide and quickly put to good use by people with all the other qualities.”

The authors of  "Tribal Leadership" translated that thought to looking for values and mindset first, because their research showed that only shared values and a common cause to strive for gave companies a culture that could overcome any challenge.

To me, a high focus on teamwork, collaboration and treating my colleagues as I would treat myself is part of those things, and so I found myself wondering about this:

Instead of interviewing (and subsequently, hiring) people one at a time, you could tell candidates to wait another moment, and only invite them when you have at least two people willing to join you - and could actually imagine to hire both.
Invite both of them and conduct an interview with both at the same time - and afterwards, give the room to them, with one single task: Writing a letter of advice about the qualities of the other guy and why to hire that person for your company.
Answer their questions and leave, observing them from outside, and meditate on whether you would hire none, one or both of them - but don't make a decision until you get their letters of recommendation and have observed them at work with what might well be their competitor.

I guess you could learn a lot from your observations in that hour - and if all goes well, you can hire two people who already know each other and have worked as a impromptu-team right on the spot, with demonstrated qualities in teamwork and in assessing another person's qualities.


What do you think of this?
Would it contribute to your hiring process?

Do you know of a company with interesting, successful procedures in hiring?
Please share.

Retrospektiven über Distanz

Kürzlich habe ich für einen Kunden eine Retrospektive für ein verteiltes Team moderiert.
Ich habe ein paar Dinge gesehen, die ich vorher nicht erwartet habe - das habe ich gelernt:
  • Hope for the best, expect the worst
    Nur weil Dir eine Videokonferenz versprochen wird, heißt das noch lange nicht, dass auch eine Videokonferenz stattfindet.
    Sei darauf vorbereitet, dass Du zeitweise mit einem Telefon als einzigem Kanal auskommen musst.
  • Such Dir einen Partner auf der anderen Seite
    Für den Fall, dass die Verbindung zusammenbricht oder falls eine Erklärung schwierig ist; für den Umgang mit der Technik im Allgemeinen: Wähle Dir einen Partner auf der anderen Seite, der mit Dir zusammenarbeitet. Er muss nicht alles selbst können; aber er muss wissen, wen er Fragen kann.
    Er ersetzt Deine Augen und zum Teil auch Deine Ohren auf der anderen Seite und kann Dir klar sagen, wenn die andere Seite etwas braucht, was Du über das Telefon nicht mitbekommen hast.
  • Prüfe, dass Dein Werkzeug läuft (Vielen Dank an meinen Kollegen Stefan Roock!)
    Kein Video heißt: Kleine Klebezettel. Es muss Ersatz her.
    Es gibt einige Tools, die dabei helfen können – CardMeeting, GroupMind und PadLet und habe ich mir angesehen – aber das ist alles nutzlos, wenn Regeln oder Infrastruktur Dir verbieten, diese Werkzeuge auch einzusetzen.
    Bitte Deinen Partner, Dein Werkzeug vorher zu prüfen.
    Wenn es nicht geht, such Dir eine Desktop-Sharing-Lösung und lass z.B. PowerPoint darin laufen, das ist besser als nichts.
  • Zuhören ist anstrengend
    Es ist sehr anstrengend, die ganze Zeit dem Telefon zuzuhören, und alle Beteiligten sind froh, wenn Sie für einen Moment “normal” reden können.
    Das heißt:
  • Verlass Dich auf (mehr) Gruppenarbeit
    Visuelles Arbeiten ist durch den schmalen Kanal schwer, auch wenn Du ein gutes Werkzeug hast. Jede Seite kann es aber doch – für sich, in Gruppen.
    Trag die Ergebnisse hinterher in Deinem Werkzeug zusammen, und sei darauf vorbereitet, dass ihr mehr als üblich darüber sprechen müsst:
  • Es dauert länger, als Du glaubst
    Die schmale Verbindung hindert Dich und die Teilnehmer daran, während der Gruppenarbeit etwas von der anderen Seite mitzubekommen. Osmotische Kommunikation ist damit abgesagt, und einzelne Punkte werden mehr Fragen und Kommentare mit sich bringen, als Du es erwartest.
    Sprecht ihr nicht in eurer Muttersprache, erwarte noch mal mehr.
    Das bringt zwei weitere Punkte mit sich:
  • Erklären, Erklären, Erklären
    Normalerweise kriegst Du leicht mit, wenn jemand etwas nicht versteht und noch nicht bereit für eine Aktivität ist – hier nicht.
    Dummerweise wirst Du auch weniger Fragen vorab kriegen – und vermutlich erst recht keine währenddessen.
    Sei in Deiner Erklärung ausschweifend bis es Dir Kopfschmerzen bereitet.
  • Erwarte andere Kultur
    Anders als bei einer Retro in einem Raum hast Du wenig Einfluss auf einen Teil Deiner Teilnehmer. Rechne damit, dass Du eine Pause nicht mit Deinem Gong beenden kannst, erwarte, dass Pünktlichkeit zum Abschluss der Übungen nicht so hoch geschätzt, wie Du es gewohnt bist.
    Wenn es am anderen Ende länger dauert, dauert es (einen Moment) länger.
Was sind eure Erfahrungen mit verteilten Retros?